18.08.2021
Ich weiß, wie es ist, wenn die Welt plötzlich stillsteht. Wenn alles, worum wir uns gestern noch größte Sorgen machten, heute nicht mehr relevant ist. Krisen kommen immer unerwartet. Damit gibt es für mich eine Parallele zu verbalen Attacken. Auch die treffen uns in der Regel unvorbereitet. Und noch etwas haben Krisen und verbale Angriffe gemeinsam. Im ersten Moment lassen sie einen wie paralysiert erstarren. Vor Krisen können wir uns nicht schützen. Unser Leben ist garantiebefreit. Doch vor verbalen Attacken können Sie sich rüsten. Es sagt sich immer so einfach: Wir müssen lernen Dinge an uns abprallen zu lassen. Wenn wir uns nicht abschirmen, dann treffen die Kommentare ungehindert auf unser Hirn und das sorgt für Stress. Und was passiert unter Stress? Wir können nicht denken. Für eine passende Antwort bleiben uns 3 Sekunden. Leider bleiben besonders Frauen häufig in diesen Momenten sprachlos. Das geht an die Substanz und verletzt das Selbstbewusstsein. Schlagfertigkeit ist für mich keine Frage der Rhetorik, sondern eine Lebenseinstellung. Sie werden niemals in die Köpfe anderer Menschen hineinsehen und erfahren können, warum der oder diejenige dies oder jenes sagt. Was Sie in der Hand haben ist Ihre Haltung. Meine erste Lektion ist deswegen immer der Schutzschild. Ziehen Sie einfach beide Hände über Ihrem Kopf zusammen und formen Sie sie zu einer Art Dach. Dadurch verändert sich die Körperhaltung und Sie werden größer. Durch die veränderte Körperhaltung bleibt der Kopf frei und Sie haben Möglichkeit zu kontern.
Resilienz bedeutet für mich am Unvorhergesehenen, an den nicht geplanten Dingen im Leben zu wachsen und sie bestmöglich zu integrieren. Für mich gehen Resilienz und Schlagfertigkeit Hand in Hand. Um dies zu verbinden, braucht es Authentizität. Für uns Frauen ist das eine besondere Herausforderung. An Frauen ist der Erwartungsdruck höher als an Männer. Es ist selbstverständlich, dass wir Frauen alles lässig unter einen Hut bringen und selbstverständlich optisch eine gute Figur dabei machen. Dieser Spagat ist nicht zu schaffen. Authentizität heißt die eigenen Stärken und Schwächen kennen und reflektieren. Nehmen Sie sich an, wie Sie sind und akzeptieren Sie, dass Sie nicht perfekt sein müssen. Sich selbst anzunehmen ist eine wichtige Voraussetzung für Schlagfertigkeit. Wer die eigenen Schwächen akzeptiert hat, kann besser reagieren. Den Spiegel vorgehalten zu bekommen ist nicht mehr so schmerzlich und eine schlagfertige Antwort kommt dann oft von allein. Authentizität hat noch einen wichtigen Aspekt, der oft außer Acht gelassen wird.
Der vielleicht schwierigste Part an der Authentizität ist es, sie auch anderen zugestehen. In Köln gibt es die Redewendung „Jeder Jeck ist anders“. Das bezieht sich nicht nur auf uns selbst. Menschen die authentisch sind zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie andere Meinungen tolerieren und respektieren. Das hilft im Umgang mit schwierigen Situationen und stärkt das Selbstbewusstsein. Hier schließt sich der Kreis zur Resilienz. Bezogen auf die Schlagfertigkeit ist leicht zu beherzigen wer austeilen kann, muss auch einstecken können. Schlagfertigkeit ist ein Schutzmechanismus, mit dem wir steuern können, wem wir es zugestehen uns wertvolle Lebenszeit zu stehlen. Aber es gibt Einschränkungen. Nicht jeder Angriff, den wir hören ist ein solcher. Echt sein bedeutet auch den gesunden Menschenverstanden und Intuition vertrauen. Keiner von uns ist perfekt. Fehler zu akzeptieren und berechtigte Kritik anzunehmen ist wichtig. Allerdings gilt auch bei Kritik der Ton macht die Musik.