Gastbeitrag von HCF-Mitglied Ingrid Blumenthal

01.04.2021

Social Distancing

Ich selbst gehöre der Gruppe 60 + an und bin als Geschäftsführerin in einem Unternehmen der  Gesundheitsbranche tätig. In dieser Funktion bin ich mit den aktuellen Leadership Herausforderungen der Covid 19 Pandemie konfrontiert. Wie man damit umgeht, habe ich allerdings in keinem Lehrbuch gelernt und ich bin damit zum ersten Mal in meinem Leben konfrontiert:
 
Wie kann Führung ohne physische Nähe funktionieren? Wie kann es uns gelingen, dass wir uns trotz Corona und Remote-Arbeiten verstehen und konstruktiv miteinander arbeiten? Aus unserer Sicht ist der Begriff „Social Distancing“ völlig irreführend. Nähe und Verständigung müssen nur auf andere Art und Weise, mit anderen Techniken und Kompetenzen erreicht werden. Und das ist unsere Hausaufgabe als Führungskräfte. Das ist in Unternehmen genauso wie in den Schulen.
 
Beispiele für die konkrete Umsetzung bei ALIUD sind:
 
Meetings werden noch besser geplant und in einem virtuellen Meetingroom bereits von allen Teilnehmern. vorbereitet. Es gibt interaktive taskboards, in denen die Teilnehmer ihre Agendapunkte selbstständig erstellen. Inhalte werden hier gepflegt und auch hinterlegt. Das Protokoll entsteht während des meetings direkt in den taskboards als actions items und sind für die Teilnehmer jederzeit  sichtbar und abrufbar.
 
Zugriffe und Organisation von Laufwerke wurden optimiert, um Daten jederzeit im Zugriff zu haben.
 
Pulse surveys, Q + A Fragen  werden im Rahmen von digitalen Mitarbeiterdialogen z. B. per slido als interaktive Maßnahme abgefragt mit direkten Abfrage von-Ergebnissen, so dass die Unternehmensleitung direkt darauf agieren kann. Dadurch entsteht direkte Nähe, da zwischen Abfrage und Ergebnis nicht Wochen vergehen.
 
Dies alles erfordert jedoch viel mehr Eigenverantwortlich- und Selbständigkeit der Mitarbeiter. Wir arbeiten zwar zum großen Teil remote, jedoch müssen die MitarbeiterInnen sehr viel mehr eigenverantwortlich und proaktiv ins proaktive Tun kommen. In unseren digitalen Führungskräftemeetings wird auch dies eingefordert und diskutiert, um eine Nachhaltigkeit zu erreichen.
 
Nähe entsteht, indem in den meetings die Kameras angestellt werden – zumindest, wenn man selbst Redner ist. Damit kann niemand „unsichtbar“ werden und es erfordert Disziplin, jederzeit auch ein sein Gesicht zeigen zu können. Das verstärkt das Gesagte und steigert die Acountability.
 
Die Medienkompetenzen sind sicher leicht erlernbar, aber es benötigt vor allem die  Bereitschaft, sich damit auseinanderzusetzen. Noch mehr als vor COVID 19 wird das papierlose Büro angestrebt, da man sich an unterschiedlichen Orten befindet. Letztlich kann dies am Ende  zu desksharing führen.
 
Mit uns verändern sich auch unsere Kunden und Partner. Während es vor COVID 19 unter Umständen wenigere – aber persönlichere – Treffen gab, so sind diese jetzt öfters. Ich treffe mich mit einem Blumenstrauß von Partnern quer über die healthcare Industrie zum virtuellen Lunch und habe dadurch in kurzer Zeit viel mehr Eindrücke und kann mein Netzwerk festigen und ausbauen.  Anfängliche Infrastrukturprobleme gibt es jetzt kaum noch.
 
Gerade jetzt ist soziale Nähe wichtig.
Wir treffen uns in Teams durchaus öfters als früher. Allerdings hat die Geschwindigkeit der Entscheidungen deutlich zugenommen, da der Arbeitsalltag  durch digitalere und vereinfachte Organisation optimiert ist.
 
 
Führen auf Distanz funktioniert nur mit noch mehr Vertrauen. Das Interesse an den Kolleginnen, an deren Alltag und persönlichen Beziehungen ist umso wichtiger.

Ingrid Blumenthal

Geschäftsführerin
ALIUD PHARMA GmbH